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Essen mit Respekt

Ein klasse Titel auf dem Focus dieser Woche. Ein Thema, welches in immer kürzeren Abständen auf den Titelbildern der Illistrierten auftaucht. Aber lohnt es sich, diese Ausgabe zu lesen?

 

Ich habe die Artikel zur Titelstory gelesen. Wer sich für das Thema interessiert, ist mit dieser Focus-Ausgabe gut bedient. Viele Dinge, die "man" als Interessierter weiß, aber auch viele neue Zahlen, gute Ideen, neue Ansätze in Sachen "Food Waste", und gute Tipps für Menschen, die das Thema umtreibt, die aber nicht so richtig wissen, wie man mit der Umsetzung beginnen kann...  

 

Ist DAS nicht unheimlich teuer? Ich habe einfach nicht die Zeit täglich frisch zu kochen. Muss ich mich vegan ernähren? Ist das denn überhaupt gesund? Kann ich der Lebensmittelindustrie denn überhaupt vertrauen? Ich kaufe mein Fleisch doch in der Metzgerei, da muss ich doch davon ausgehen dürfen, dass die Tiere artgerecht gehalten werden... Bio oder nicht? Ist vegane Salami nachhaltig oder nachhaltiger Schwachsinn? Was mache ich mit den Brötchenresten vom Wochenende? Wie, ich soll Nahrungsmittel deren Mindesthaltbarkeitsdatum abgelaufen ist, nicht automatisch wegwerfen?  

 

Die Liste der Bedenken ist lang. Viele Einwände sind nachvollziehbar, andere eher vorgeschoben, um die eigene Bequemlichkeit zu tarnen. Ich unterstelle, dass wir inzwischen alle informiert sind - so gut informiert, dass niemand ernsthaft behaupten kann, er habe nicht gewusst, dass das Hackfleisch für 99 Cent nicht aus artgerechter Haltung stammt. So gut informiert, dass bei durchschnittlicher Intelligenz und entsprechender Kennzeichnung an der Obsttheke klar ist: der ökonomische Fußabdruck eines Apfels aus Neuseeland ist mindestens eine Nummer größer als der des Apfels vom Bodensee...

 

Und hier setzt Focus richtigerweise an einigen Stellen an. Ich denke viel ist schon gewonnen, wenn es die Lautsprecher, die Überzeugten und Interessierten schaffen, dass sich immer mehr Menschen für das Thema interessieren, Ihre eigenen Einkaufs- und Konsumgewohnheiten zumindest hinterfragen und vielleicht immer mal wieder "was neues" probieren. Militante Veganer, die erkennbar missionieren wollen, Fleischkonsumenten aggressiv angehen und nicht die kleinen Entwicklungen in die richtige Richtung positiv sehen, sind auf lange Sicht langweilig und nervtötend. Sie sind auf lange Sicht auch nicht diejenigen, die der guten Sache (und hierbei unterstelle ich, dass respektvoller Umgang mit Nahrungsmitteln oder der Verzicht auf Tierfleisch dazu gehören) dienen.

Ich bin überzeugt davon, dass auch bei diesem Thema steter Tropfen den Stein höhlt und Aufklärung der richtige Weg ist, denn, und hier zitiere ich den Focus, "wir wollen es so gerne richtig machen". Das ist doch eine gute Basis!

 

Hier ein paar Zahlen (aus Focus 23/18) die mich teilweise schockierten, die Hoffnung machen, die in jedem Fall aber genug Potenzial haben, zum Nachdenken anzuregen:

  • 313 Kilogramm Lebensmittel werden in Deutschland weggeworfen - pro Sekunde!
  • Das sind 18 Millionen Tonnen jährlich
  • Knapp eine Milliarde Menschen weltweit hungern täglich!
  • Alle fünf Sekunden stirbt ein Kind an Mangel- oder Unterernährung!
  • Jeder Zweite legt beim Fleischkonsum Wert auf die Haltungsbedingungen der Tiere.
  • Beinahe jeder fünfte von 11.000 Befragten, gab an, seinen Fleischkonsum inzwischen zu reduzieren.
  • 63 Prozent legen Wert auf regionale Produkte, 39 Prozent auf Saisonalität, 28 Prozent auf Bio-Qualität.
  • Der Wert der in Deutschland weggeworfenen Lebensmittel liegt bei rund 21 Milliarden Euro im Jahr!

Warum in aller Welt machen wir das? Warum kaufen wir zu viel Hackfleisch für 99 Cent das Pfund und "vergessen" es dann im Kühlschrank? Wäre es nicht respektvoller, das Tier, das dafür unter bestialischen Bedingungen seit Leben lang leiden musste und schließlich für unseren Fleischhunger getötet wurde, wenigstens zu essen? Solche Fragen tun weh und sind unbequem! Aber sie sind ehrlich, gerade heraus und auch einfach zu beantworten. Wenn wir Interessierten es ferig bekommen, dass sich immer mehr Konsumenten solche Fragen stellen, entwickeln wir alle gemeinsam einen unaufhaltsamen Trend hin zum Besseren.

 

Der Focus stellt fest, dass die einfache Frage lautet: Wie können wir normalen Verbraucher so essen, dass wir zu Umwelt und Tieren, zu uns selbst und den Produzenten unserer Nahrung gut sind? 

 

Unter der Rubrik "anständig essen" versucht Focus sechs Einsteigerregeln für Besser-Esser zu erklären. Aufgrund der Unübersichtlichkeit (Klimaschutz, Food Waste, weltweiter Hunger, Massentierhaltung...) ist das ein guter Ansatz, denn "mit irgendwas muss man ja anfangen":

 

  1. Respekt vor den Jahrezeiten (Gemüseanbau im Treibhaus verbraucht bis zu 30mal so viel Energie wie der Anbau im Freiland. Qualitativ ist Obst und Gemüse innerhalb seiner natürlichen Hochsaison ausserdem konkurrenzlos gut.)
  2. Respekt für Produzenten (beim Thema Anstand geht es auch um die, die für uns Kaffee oder Gemüse herstellen.)
  3. Respekt vor der Region (Lokale Produkte reisen nicht erst um den halben Globus)
  4. Respekt für Tiere (Die Industrie züchtet Kühe zu Milchmaschinen hoch und mästet Schweine unter erbärmlichen Bedingungen)
  5. Respekt vor dem Rohstoff (Selbst kochen ist die nachhaltigste und gesündeste Weise mit Lebensmitteln umzugehen.)
  6. Respekt für das Produkt (Jedes Lebensmittel das Sie wegschmeißen, wurde produziert, verpackt und transportiert. Pro Kilo Brot wurden 1000 Liter Wasser verwendet, pro Kilo Käse 5000 Liter!)

"Interessieren Sie sich soviel Sie können und begegnen Sie dem Rest mit fröhlicher Ignoranz" wird Wilhelm Schmid, Philosoph und Bestseller-Autor (u.a. "Gelassenheit" und "Ethik der Ernährung") zitiert. Er versucht hiermit und auch in seinen Büchern, seinen Lesern den Stress der Perfektion zu nehmen.

 

Ich glaube daran: DAS ist der richtige Ansatz!

 

Wir alle versuchen, ES richtig zu machen. Manchmal ist das jedoch wahrscheinlich einfach nicht möglich. Das Thema sollte nicht zur Mission geraten, die alles andere ausblendet. Das Thema ist sehr wichtig - es ist jedoch nichts gewonnen, wenn man ihm alles andere unterordnet.

 

Denkt einfach darüber nach, was Ihr einkauft, was Ihr esst und was Ihr warum wegwerft. Seid Euch bewusst, dass das was Ihr esst direkt in Eurem Körper wirkt: Fleisch aus Massentierhaltung von einer gequälten Kreatur, die voller Medikamente in den eigenen Exkrementen stehend vor sich hin gelitten hat und am Ende dieses erbärmlichen Daseins voller Adrenalin durch einen Schlachthof getrieben wurde, bis es endlich zu Ende war - das will ich nicht in meinem Körper haben. Das kann nicht gesund sein. Das muss langfristig auch mich krank machen. 

 

Macht Euch locker, genießt was Ihr esst. Geißelt Euch nicht. Hört auf Euren Körper. Schmeckt, was Ihr esst und schlingt es nicht nur während der Autofahrt in Euch hinein (siehe auch meinen Buchtip "Einfach essen"). Bewegt Euren Körper und er sagt Euch, was er als Nahrungsmittel bevorzugt. Hast Du nach einem Lauf durch den Wald schon einmal festgestellt, wir gut Mineralwasser schmeckt? Wie gierig es Dein Körper verlangt?

 

Egal wie alt Du bist, ob und wieviel Sport Du machst, ob Du chronisch krank oder topfit bist - Du bist was Du isst. Klingt wie eine alte Weisheit und so abgedroschen? Ist aber so!

 

Genießt den Tag, seid dankbar dass Ihr täglich satt werdet und pflegt Euren Körper - Ihr habt nur den einen!

 

Steffen ;-)