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Mein worst worst case

Mein bisher schlimmstes Lebens-Kapitel versuche ich hier zu beschreiben. Ein solches Erlebnis in Worte zu fassen ist schwer genug. Auch deshalb wird dieser Blog-Eintrag leben, immer wieder geändert oder ergänzt werden... Ich sehe die Dinge immer wieder aus einem anderen, einem neuen Blickwinkel. Zunächst einmal die Geschichte in Kurzform.... 

 

  •  Geboren 1967
  •   Vater von drei Kindern
  •  Gelernter Polizeibeamter und aktiver Polizist bis 1999
  •  Seit 1996 Selbständiger mit einer erfolgreichen Firma
  • Sportler seit meiner Kindheit: Tischtennis, Judo, Kraftsport, Bodybuilding, Laufen und Triathlon
  • durch ein gutes Körpergefühl und Zufall entdecke ich ein Alarmsignal am Körper und gehe zum Arzt
  • Ende Februar 2016 Diagnose: eine sehr aggressice Krebsform im Lymphsystem des Körpers
  • Anfang März Prognose: Mediane Überlebensdauer bei dieser Krebsform 5 -7 Jahre
  • Einschätzung des Oberarztes im März: "Wenn wir nicht sofort mit der Chemotherapie beginnen, erleben Sie dieses Weihnachten nicht."
  • März bis August 2016: Sechs Chemotherapie-Zyklen mit abschließender Hochdosistherapie und Stammzellentransplantation
  • Zwischen den Chemo-Zyklen immer wieder nach Kräften "Sport" gemacht
  • September 2016 drei Wochen Reha-Aufenthalt
  • während der Chemo 50 km mit dem Fahrrad (nicht E-Bike) gefahren
  • Oktober 2016: Stufenweiser Wiedereinstieg ins Arbeitsleben
  • Seit Oktober 2016: Sport nach Kräften im Sportstudio und auf dem Fahrrad
  • März 2017: Verlust eines Freundes mit Lungenkrebs 
  • Gewichtsverlust seit Diagnose bis Juli 2017: 18 kg
  •  Seit August 2017: Endlich merkliche Erholung und Stabilisierung aller „Körpersysteme“ von den Belastungen der Therapien
  • Bis heute jedoch deutliche Einschränkungen der Leistungsfähigkeit
  • November 2017: ambulante Entfernung eines Tumors des weißen Hautkrebses
  • Dezember 2017: Meniskus-Operation nach wochenlangen Schmerzen nach einem ersten Lauftraining nach den Chemotherapien im Oktober...
  • ·      ...fünf Tage nach Knieoperation erstes Ergometer-Training...

 

„Ich habe bisher ein bewegtes und spannendes Leben mit Höhen und Tiefen gelebt, wie viele von uns.

 

Die Diagnose von einer sehr aggressiven Krebsart traf mich wie ein Hammer. Das oftmals beschriebene Gefühl „der Boden würde einem unter den Füßen weggerissen“ trifft es wirklich. Alle Gespräche, alle Gefühle, alle betroffenen Gesichter im Umfeld, alle Ängst laufen ab wie in einem wirklich schlechten Film.

 

Ich hatte Angst zu sterben. Ich wusste nicht, wie ich eine solche Botschaft „kindgerecht“ meinen Jungs erklären sollte. Wie sollte ich das meiner Mutter beibringen? Alles was bisher wichtig schien – war von einer Sekunde auf die andere unbeschreiblich wertlos!

 

Während der Therapie musste ich lernen mit heftigen Schmerzen umgehen, mit brutalen Ängsten und mit dem Gefühl, nichts mehr selbst im Griff zu haben, sondern abhängig zu sein von Medizin und Schicksal.... Nicht leicht für einen Menschen, der bisher immer alles selbst in die Hand genommen und geregelt hat.

 

Während der monatelangen Chemotherapien mit anschließender Hochdosistherapie wurde mein Körper wirklich an den Rand geführt, in die Ecke gedrängt und bis zum letzten Tropfen Energie ausgelaugt. Unglaubliche Belastungen bis hin zur Unfähigkeit auch nur 50 Meter ohne Hilfe zu gehen sind auch mental nur schwer zu verkraften. Das Zitat eines Oberarztes trifft es ganz gut: „Für ein paar Tage (nachdem über die Hochdosistherapie versucht wird, die letzten Krebsreste zu vernichten - Anmerkung Steffen) waren Sie dem Tod näher, als dem Leben.“

 

Doch irgendwann regten sich wieder die Lebensgeister.... Relativ schnell merkte ich, dass die Situation, in der ich mich befinde, erstens medizinisch gewollt, zweitens eine temporäre ist und drittens wesentlich durch mich selbst beeinflusst werden kann.

 

Dieser Lebensabschnitt, der Anfang 2016 begann und mich bis an mein Lebensende begleiten wird, hat aber auch sein Gutes. Das hört sich vielleicht plakativ oder schöngeredet an. Es ist weder noch.

Fakt ist: Die Krankheit hat mich nun einmal erwischt. Viele Möglichkeiten damit umzugehen, gibt es meiner Meinung nach nicht. Entweder ich ergebe mich meinem Schicksal, liege nur noch weinend auf dem Sofa (wobei ich hierfür bei ähnlichen Diagnosen anderer Menschen vollstes Verständnis habe) und werde depressiv oder ich nehme die Herausforderung an. Dann bin ich nach medizinischer "Wiederherstellung" wieder in der Lage, am Alltag teilzunehmen (Du glaubst es nicht, wie schön es ist, wieder zur Arbeit gehen zu können!!!). Dann bin ich sogar irgendwann in der Lage, in der Krankheit auch Gutes und Chancen zu erkennen.

 

Bitte nicht falsch verstehen: Ich würde sehr gerne auf meinen Krebs verzichten! Da das jedoch nicht geht, mache ich das Beste daraus. So simpel!    

 

Ich bin mir sicher: Ohne die Hilfe, den permanenten Zuspruch und die Unterstützung auf sämtlichen Ebenen durch andere Menschen, ist eine solche Härte des Lebens nicht oder nur sehr viel schwerer zu schaffen!

 

Mein Dank gilt Constance, Steffen (wochenlang mein Zimmernachbar und Mitstreiter in der Klinik) und meinem XXL-Team... Vielleicht mehr dazu in einem anderen post...

 

 

 Das Leben ist schön!“

 

Steffen ;-)