· 

Tansania hat mich wieder!

Endlich! Irgendwie hat es lange gedauert. Irgendwie vergingen die letzten Tage wie im Flug...

 

Ich bin nach über einem Jahr wieder in "meinem" Tansania gelandet. Ein Land das ich im Juni 2017 kennen lernen durfte und das mich so in seinen Bann gezogen hat. 

 

Thomas mein Guide in 2017, den ich inzwischen lieber als Buddy, als Freund bezeichne hat mich am späten Mittwoch Abend, nachdem ich die zähen VISA- und die eher oberflächlichen ;-) Security-Maßnahmen hinter mich gebracht hatte, abgeholt. Ganz entgegen der afrikanischen Macho-Lehre (wie ich sie zumindest empfunden hatte), nahm er mich herzlich in den Arm. "You´re most welcome!".

 

Ich fiel bald in mein Bett in einem Hotel in Dar Es Salaam, einer, wenn die Zahlen von Thomas belastbar sind, 5-Mio-Metropole, die ich am nächsten Tag besser kennen lernen durfte.

 

Am Morgen des ersten Tages holte mich Thomas mit 45 Minuten Verspätung ab. Ich erinnerte mich: "Pole pole" ist hier das dominierende Motto, was soviel heißt wie "Immer schön langsam"... Was uns als durchgetaktete Europäer aufregen könnte, kann, wenn man sich daran gewöhnt hat und sich darauf einlässt, fast schon Spaß machen... Ich habe zumindest aus meinem letzten Afrika-Aufenthalt viel Pole-Pole mit nach Hause genommen. Es ist im Prinzip genau das, was uns Westlern oft fehlt. Die nötige Ruhe, die Gelassenheit, die Muse einmal inne zu halten und nicht immer zu hetzen. Ich kann natürlich nicht von ganz Afrika sprechen. Aber zumindest in Tansania, Kenia und Uganda habe ich Pole-Pole sehr angenehm empfunden und zumindest für mich mit nach Deutschland importiert.

 

Wenn man dann (am besten zu Fuß) in den Straßen von Dar Es Salaam unterwegs ist, geht es auf den ersten Blick alles andere als entspannt und ruhig zu. Eher der Vergleich zu einem Ameisenhaufen in Aufruhr würde passen. Und dennoch - zwischen drin immer wieder Szenen der Ruhe und Muse: Händler, die inmitten Ihres Warenberges ein Mittagsschläfchen machen, Männer die im Schatten bei einer Coke zusammensitzen und - nichts tun... Thomas selbst ist mein Pole-Pole-Trainer und macht das bravourös. Er bewegt sich fast schon lethargisch aber immer zielgerichtet durch die unruhige Stadt. Das musste ich letztes Jahr erst einmal "lernen" - inzwischen geniese ich es... (siehe auch meinen Artikel "Live Slow").

 

Dar Es Salaam (zumindest die Ecken die ich gesehen habe) ist laut, hektisch und für unsere Verhältnisse sehr dreckig. Die Stadt hat einen ungeheuren Rhythmus, fährt mich extremer Schlagzahl und jeder Mensch auf der Straße ist irgendwie mit irgendwas sehr intensiv beschäftigt. Jeder verkauft irgendwas (wirklich - Du kannst hier auf der Straße vom Ladekabel über Autoreifen bis zur Klobrille alles kaufen), verhandelt, feilscht, rennt, kocht, isst...

 

Was für unsere Augen beim ersten Blick romantisch und sehr exotisch daher kommt, ist beim genaueren Hinschauen an vielen Stellen jedoch einfach der blanke Kampf ums Überleben. Viele tun alles, um irgendwie über den Tag zu kommen und  etwas Geld für ein Essen zu verdienen - weit weg von unseren Vorstellungen des sogenannten Existenzminimums!

 

Das anfänglich schlechte Gewissen beim Anblick bitterer Armut und Verzweiflung wich bald tiefer Dankbarkeit. Warum sollte ich ein schlechtes Gewissen haben? - ich sollte aber verdammt nochmal dankbar sein, wie gut es mir geht!

 

Bilder die sich mir in 2017 schon tief eingeprägt haben, Bilder die man eigentlich nicht sehen möchte. Ich kann sie nicht ändern. Ich kann lediglich anständiger Gast in einem sehr freundlichen Land sein - und ich kann solche Bilder zum Anlass nehmen, über mein Gejammere und meine mangelnde Dankbarkeit nachzudenken. In den Straßen von Dar Es Salaam (oder an vielen anderen Orten der Welt) habe ich im tiefsten Schmutz, bei bitterer Armut oft mehr lächelnde Gesichter gesehen als in unseren Shopping-Malls beim wettbewerbsmäßigen Kreditkartenglühen.

 

Am Abend schließlich noch ein Highlight. Thomas lud mich zu seiner Familie zum Abendessen ein. Was für eine Ehre. Die ganze Familie war aufgeregt, sein Frau Joyce stand nach der Arbeit Stunden in der Küche und zauberte aus einfachen Zutaten ein super Essen. Wir aßen im Hof auf Plastikstühlen (die normalerweise die Essecke im Haus sind) bei Stromausfall und waren alle glücklich und dankbar - was für ein schöner Tag.

 

Danke Thomas, Danke Tansania...

 

Steffen am "Morgen danach"...