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Die Frau im Cafe´...

Neulich in einem Cafe´ in Gerlingen: Am Tisch wenige Meter mir gegenüber sitzt eine Frau, geschätzt Mitte 40, und schreibt offenbar einen Brief. Wie schön, denke ich mir. Wie ungewöhnlich fast schon. Wann habe ich das letzte mal einen Brief geschrieben?

 

Während des Schreibens lächelt sie immer wieder vor sich hin und freut sich über das Geschriebene, oder vielleicht darüber mit diesen Zeilen jemandem eine große Freude zu bereiten. Wie wird er oder sie wohl über die mühevoll schriftlich verfassten Gedanken denken?

 

Im Laufe meines Aufenthalts im Cafe´ schreibt die Frau noch zwei oder drei Karten. Weil wir in wenigen Tagen Heiligabend haben, vermute ich, dass sie Weihnachtsgrüße an wichtige Menschen verfasst und freue mich dabei, dass auch ich dieses Jahr für einige wichtige Menschen in meinem Leben Karten gekauft habe und diese mit persönlichen Zeilen verfassen möchte...

 

Wie wichtig das doch ist! Gerade in den vergangenen Tagen fallen sie vermehrt auf: Menschen die durch die Shoppingmalls hetzen, auf der Suche nach den richtigen Geschenken für die Lieben. Die großen Versender werben mit fast schon unmoralischen Angeboten. Die Spielwarenindustrie ist eine perfide Verführungsmaschinerie. Wenn nichts mehr geht, werden Gutscheine beim Elektrogroßhandel gekauft oder einfach Geldscheine in Umschlägen verschenkt! Wir versuchen Kinderaugen mit überladenem Materialismus zum Leuchten zu bringen und machen uns dabei lediglich zu Handlangern von Profiteuren eben genau dieser Industrien... Das neue Smartphone, welches nüchtern betrachtet eigentlich nur ein Tool ist, um sich zum Beispiel mit Freunden zu verabreden, wird zweckentfremdet um ungestillte Bedürfnisse nach Nähe zu befriedigen. Schon die jüngsten Nutzer solcher Geräte verlieren jeglichen Bezug zu Sinn und Zweck der digitalen Geräte, indem sie stundenlang mit Freunden chatten, anstatt sich schon längst mit ihnen getroffen zu haben um sich offline, lebendig und in echt zu unterhalten. Und wir Eltern überbetonen der Wert dieser digitalen Geräte noch, indem wir ein "besonderes Geschenk" daraus machen!

 

Vielleicht treten wir einmal einen Schritt zurück und versuchen uns zu erinnern, was wir als Kinder als wertvolles Geschenk empfunden haben. Ein spannendes Gedankenexperiment! Mir fiel tatsächlich kein einziges Geschenk mehr ein, welches ich im Nachhinein als wichtig und erinnernswert behalten habe. KEIN EINZIGES. Sofort fiel mir aber ein, dass ich es gemeinsam mit meinem Bruder als etwas sehr Besonderes empfunden haben, wenn unser Vater Sonntags mit einem Fußball mit uns beiden auf die Gerlinger Heide ging, um eine Stunde rumzubolzen... Das ist nun ca. 40 Jahre her und ich erinnere mich noch, wie wichtig das war. Erstaunlich und lehrreich zugleich. An was erinnerst Du Dich noch? 

 

Lasst uns doch wirklich darüber nachdenken, was wir schenken. Ich kann hier natürlich am 23.12.2019 nicht verraten, was meine Lieben bekommen werden (die lesen schließlich mit!), aber eines ist ganz sicher dabei: gemeinsame Zeit! Das gemeinsame Plätzchenbacken über mehrere Stunden, die liebevoll geschriebene Karte, das gemeinsame Kochen, der Weihnachtsspaziergang und vielleicht das Riesen-Lego-Set, an dem man gemeinsam mindestens einen Tag herumbastelt ist die meiner Meinung nach bessere Wahl...

 

Weniger Material ist mehr Geschenk!

 

Genießt die Tage...

 

Danke für Eure Treue zu meiner Seite und meinen Texten in diesem Jahr. 

 

Steffen

 

Macht es wie die Frau im Cafe´: Seid beieinander. Seid füreinander da.